Sonntag, 7. Dezember 2014

Please hold the line!

Während ich so in der Warteschleife der Servicehotline hing, sinnierte ich so über das Leben. Stets begleitet von der freundlichen Frauenstimme und dem: Please hold the line!

Kennen Sie so Vorabendserien gepflastert mit Tragödien, Intrigen und Dramen? Hab ich zu meiner Jugendzeit sehr geliebt. Was mich aber immer am meisten fasziniert hat, war die Art, wie sich in der Sendung verabredet wurde. "Hast du Lust heute Abend weg zu gehen?" "Ja, super Idee!" "Fein, dann sehen wir uns später!" Keine Uhrzeit, kein Ort. Und hat jedes mal geklappt. Erstaunlich.
Jetzt kann man natürlich sagen, die kennen schließlich das Drehbuch, die wissen, wann sie wo sein müssen, aber wie sieht´s denn im echten Leben aus?

Ich stelle fest: Nicht viel anders.

Ich erinnere noch Zeiten ohne Handy, als man peinlichst genau den Treffpunkt verabredete und die Uhrzeit festlegte, weil man, einmal aus der Tür, keine Moeglichkeit zur Korrektur, Nachfrage oder Kursänderung mehr hatte. Man legte sich fest und dann war das so. Punkt, Pfeiler im Boden.

Die Uhrzeit ist heutzutage noch immer hilfreich, aber den achtsam gewählten Ort, mit Rückversicherung, dass man auch den gleichen meinte, braucht es heut nicht mehr. Da ertappe ich mich dann selber, dass ich mich für 16 Uhr auf dem Tibarg verabrede. Um dann vor Ort festzustellen: Verdammte Hacke, der ist groß! Keine Neuigkeit, aber auch kein Bewusstsein mehr dafür, dass etwas mehr Präzision gut getan hätte.

Naja, ein Griff in die Tasche und schnell mal kurz geschlossen. 

Flexibel sind wir dank der Technik. Aber auch noch verbindlich?

Gerade die letzten Wochen hatte ich den Eindruck, keiner mag sich mehr festlegen. Verabredungsversuche enden mit: Ja, meld dich! oder Ich melde mich noch mal! Als wenn wir nicht mehr Herr über unser Leben wären, nicht mehr entscheiden könnten, ob wir etwas tun wollen, oder nicht, oder wann.

Ist es die Angst, womöglich etwas anderes zu verpassen?

Oder ist inzwischen einfach alles so frei, flexibel und flüchtig, dass so ein Pflock in der Erde Angst macht?

Und vor lauter Angst etwas zu verpassen, machen wir womöglich gar nichts.

Ich weiß noch mein erster Besuch auf Ibiza. Ich war voller Aufbruchsstimmung, raus in die Welt, sich frei machen, mein Abenteuer entdecken. Und dann die Frage, ob ich ein online Training für Teilnehmer in Hamburg hosten würde. An 8 Terminen für 10 Leute mein Wohnzimmer, Computer und etwas Wasser zur Verfügung stellen. Und dafür ein grandioses Training umsonst erleben.

Alle Widerstände dieser Welt regten sich in mir. Für 8 Wochen in Hamburg festgenagelt sein, nachdem ich nun gerade meine Freiheit entdeckt hatte? Nö! Ganz klar!

Die Dame, die das organisierte fragte mich dann neugierig: Hast du zufällig ein Problem damit ein Commitment einzugehen?
- Nö, ich will mich nicht nur nicht festnageln lassen!
- Also ja.... Sie lächelte.

Hm, es ratterte in meinem Köpfchen. Das Training hätte ich schon gern mitgemacht, aber das hieß meinem Verständnis nach auf meine Freiheit verzichten zu müssen. Nicht rumreisen zu können. Unflexibel zu sein. Ich hatte das Gefühl, ich muss mich etnscheiden. Zwischen meiner Freiheit und dem Training.

Pustekuchen. Wie gut das man einen Coach hat, der einen dann fragen kann, ob das wirklich die Wahrheit ist. Und ob es nicht auch noch eine dritte Möglichkeit gäbe. Schön, wenn einem dann plötzlich der Horizont so weitet und man über den Tellerrand luschern kann. Und wenn man dann noch einen wilden Hund als Coach hat, der sich durch nichts stoppen lässt und das Unmögliche möglich macht, dann wird halt ALLES möglich.

Und so machte ich das Training, wusste, dass ich die nächsten acht Montage in Hamburg sein musste, aber dazwischen war verdammt viel Zeit durch die Gegend zu touren. Und ich muss sagen, dass Leben wurde unglaublich dynamisch. Ich war wacher, ich musste planen, meine Zeit wurde kostbarer und es war unglaublich intensiv.

Ich war wie so ein Komet, der um die Hamburg-Montage kreiste. Da war mein Anker und gleichzeitig hatte ich freie Fahrt. Ich war in Verbindung mit der Gruppe und gleichzeitig unterstützte ich meinen Partner in der einen Woche im Rheinland, in der nächsten Woche in München. Ich hatte alles! Naja, nicht ganz alles, an einer Veranstaltung konnt ich nicht teilnehmen, aber es war immer noch mehr, als wenn ich mich aus Angst gegen die Verbindlichkeit entschieden hätte. Ich hatte mich verpflichtet und damit gewonnen.

In diesem Sinne: Please hold the line!