Montag, 24. Februar 2014

Der Zauber des Aufbruchs

Ich habe gerade den Film "Miracle" gesehen. Der Film um die Olympischen Winterspiele 1980 als die USA vollkommen unerwartet die UdSSR schlugen. Diese Übermacht des Eishockeys, geschlagen von einem Team aus 20 jungen entschlossenen Männern, die innerhalb kürzester Zeit zu einem Team zusammenfanden. Und was noch viel wichtiger war, sie fanden den Glauben an sich und ihr Können. Die Möglichkeit, dass sie es schaffen konnten. Und dieser Glaube brach ein festgefrorenes System auf, in dem alle die UdSSR als unbesiegbare Übermacht sahen.

In der Szene vor dem alles entscheidenen Spiel, sagt der Coach zu seiner Frau, dass es zwar hoffnungslos aussähe, aber es ihm auch in erster Linie darum, dass diese 20 jungen Männer in 20 Jahren sagen können, dass sie ihr Bestes gegeben haben.
Diese 20 jungen Männer, mit all den unterschiedlichen Hintergründen, die alles hinten an stellten, um sich diesem Spiel hinzugeben. Die mit ihrem Spiel einer angeschlagenen Nation wieder Hoffnung gaben. Die mit ihrer Spielfreude und ihrem Glauben, diesen in die Welt trugen. Eine Welt von Möglichkeiten schufen und zum Licht am Ende des Tunnels wurden. Es ging nicht mehr nur um Eishockey und 20 Männer, die sich einen Traum erfüllten, die taten, wofür sie geboren waren. Es ging um weitaus mehr.

Sie hatten das Unmögliche geschafft.

Und im Rückblick gab es nie wieder einen vergleichbaren Moment für das Team.

Ich musste dann an mein Business denken. Ich bin im Aufbau und ich weiß, dass ich oft denke: Hätte ich es doch bloß schon geschafft, oder was wäre es schön, wenn..."

Jetzt denke ich, so aufregend wie jetzt wird es wahrscheinlich nie wieder. Die Phase des Aufbruchs und des Aufbaus ist doch die intensivste. Es ist alles neu, man weiß nicht, wo es hingehen wird, was als nächstes passiert. Das ist der Wahnsinn! Es ist alles in Bewegung und dann rührt sich wieder nichts. Es ist purer Nervenkitzel. Was kommt als nächstes, was braucht es jetzt.

Wenn man es geschafft hat, ist es eigentlich vorbei. All die Aufregung und der Zauber des Aufbruchs.

Es ist also tatsächlich der Weg das Ziel. Es geht gar nicht darum irgendwann ein Ziel zu erreichen. Es geht darum, es einfach zu tun, sich jeden Tag aufs Neue der Vernichtung und dem Neubeginn auszuliefern. Sich dem Spiel hinzugeben und alles hinten anzustellen. Weil man an etwas glaubt. An sich und sein Können. Und daran, dass man einen Unterschied machen kann. Für etwas Größeres.

Ich bewundere jeden, der sich auf diesen Weg begibt. Sich der Ungewissheit aussetzt und dem Abenteuer Unternehmertum hingibt. Der in all dem Nebel die Möglichkeit sieht, dass er einfach überall hingehen kann.

Ich habe mein Spiel gefunden. Ich habe keine Ahnung, wo es mich hinführen wird. Ich weiß, es geht nicht um mich. Ich weiß nur, dass ich es liebe und dass ich dafür alles gebe. Für das große Ganze. Und es ist egal, ob ich siege oder erliege, so lange ich weiß, dass ich alles in meiner Macht stehende getan habe.

Und so genieße ich den Zauber des Aufbruchs in all seiner Aufregung und Unvollkommenheit!



Mittwoch, 12. Februar 2014

Wildes Blut

Lieber Opa,
danke für das wilde Blut! Heute wärest du 80 Jahre alt geworden. Allerdings hast du schon vor 4 Jahren beschlossen, dass deine Zeit auf Erden um ist und hast dein Herz einfach stehen lassen. Bei einer deiner liebsten Beschäftigungen. Dem Kuchen essen. Ganz still und heimlich. So wie dein Leben, so war dein Tod. Immer für eine Überraschung gut. Meist aus der Stille und von "so um die Ecke" kam deine Botschaft. Immer mit diesem Schalk im Nacken und dem Blitzen in den Augen.

Du hattest Parkinson. Und auch wenn deine Krankheit dich gebeugt hat, bliebst du immer aufrecht. Selbst dein Humor fiel dir nicht aus der Tasche. Auf den hast du aufgepasst und ihn im richtigen Moment verteilt.

Ich weiß noch euren Umzugstag. Es sollte in ein barrierefreies Haus gehen. Das mit dem Gehen war nur so eine Sache. Deine Beine waren anderer Meinung. Und so standen wir fast eine Stunde oben am Treppenabsatz vor eurer alten Wohnung. Schließlich ließen sie sich doch erweichen und trugen dich mit Müh und Not ins Auto. Kaum das wir alle im Auto saßen sagtest du zu deiner Tochter, meiner Mutter: "Mien Deern, dann guck mal, dass du einen Parkplatz unter ´ner Laterne findest, dass ich heute Nacht wenigstens etwas lesen kann." Es blieb kein Augen trocken. Vor Lachen und Berührung. Das hat mich tief beeindruckt. Dieses wilde Herz gefangen in einem immer regloser werdenden Körper. Das nicht klein beigab, sondern immer heiter weiter schlug, Das mit jedem Puls das Lachen und die Freude teilte. Voller Liebe und Wertschätzung. Nie ein böses Wort. Stets voller Leichtigkeit.
So kenn ich dich. Mit so vielen Flausen im Kopf, dass ich mich wunderte, dass sie nicht zu den Ohren heraus kamen. Deinen Kindern erzähltest du, dass du Rollschuhweltmeister in Brasilien gewesen wärest. Du wärest mit Rollschuhen aus einem Flugzeug abgesprungen und bis ins Ziel gerollt und an der Elbe hättest du eine Villa für deine Pudel, denen du einmal im Monat deine alten Sachen zum auftragen bringen würdest. Lachen war dein Leben. Still und bebend.

Im Nachhinein hatte ich das Gefühl, als hättest du aus einem stillen Wissen heraus dein Leben vorgeholt. In deiner Jugend all die Wildheit gelebt, die später nicht mehr möglich war. Du hast nicht nur bunte Geschichten erzäht, du warst auch jüngster Motorrad-Rennfahrer, der Meisterschaften gewann und Unternehmer.

Und dieses Blut fließt in meinen Adern. Es beginnt zu brodeln, sobald ich auf Menschen treffe, die ähnlich ticken. Die Nichts scheuen und die Freiheit und das Abenteuer lieben, wie nichts Zweites. Dann wacht es auf und bringt mich zum Vibrieren. Ich kann gar nichts dafür. Ich weiß nur, wenn ich es lebe, befreit es nicht nur mich. Es weckt das wilde Blut auch in anderen. Noch ist es zaghaft, aber es ist hungrig...

Danke, lieber Opa, für das Leben voller Wildheit! Jedes Schlagen meines Herzen ist ein Gruß an dich. An deine Liebe. Ich danke dir, dass ich so bin, wie ich bin.